Für mich war es aufgrund meiner politischen Sozialisierung immer klar, dass ich nicht Kriegsdienst, sondern Zivildienst leisten werde. Deshalb habe ich schon vor der Musterung einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt. Näheres dazu ist hier nachzulesen.
Nach dem Abitur habe ich die Wartezeit auf einen Studienplatz genutzt. Mein Zivildienst hat insgesamt 20 Monate gedauert.
Begonnen habe ich knapp zwei Monate vor meinem 20. Geburtstag, am 1. August, in Oberhausen bei der Johanniter Unfallhilfe e.V. (JUH), einer Organisation, die vor allem im Rettungs- und Sanitätsdienst tätig ist und viele Krankentransporte im Bereich Oberhausen und Duisburg durchführt. Dafür brauchte ich einen Führerschein und Fahrpraxis.
Die Tauglichkeitsprüfung bei der Musterung gilt zwar grundsätzlich auch für den Zivildienst, trotzdem gab es am 3. August erst mal eine ärztliche Untersuchung. Das Ergebnis wurde mir über meine Dienststelle in zwei getrennten Schreiben vom 28. September mitgeteilt. Ausgehändigt hat man mir diese dort allerdings erst zwei Monate später.
Das erste Schreiben, ein Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung, bescheinigte mir die Zivildienstfähigkeit mit Einschränkung für bestimmte Tätigkeiten.
Das zweite Schreiben informierte mich darüber, dass ich nicht dienstlich Kraftfahren durfte.
Was das konkret bedeutete, hat mich damals sehr irritiert: Ich galt nämlich als dienstunfähig krank und wurde für die Dauer dieser Dienstunfähigkeit vom Dienst freigestellt.
Wie gesagt, erfahren habe ich erst Ende November davon.
In der Zwischenzeit gab es noch einen Einführungskurs für Zivildienstleistende in Reichshof-Odenspiel (21. August bis 1. September) und einen Rettungssanitäterkurs in der Landesschule der JUH in Münster.
Wem Reichshof-Odenspiel nichts sagt kann diesen Namen auch getrost wieder vergessen. Dieses Dorf liegt irgendwo in der Pampa des Bergischen Landes und ist auch nicht viel einfacher als die argentinische Pampa zu erreichen. Ich musste damals mit dem Zug bis Windeck-Schladern, an der Strecke Köln – Siegen gelegen, fahren und von dort aus noch über eine Stunde mit dem Bus mit Umsteigen in Waldbröl weiter nach Odenspiel.
Der Aufenthalt in der damaligen JUH-Landesschule in Münster dauerte vom 2. Oktober bis 3. November und bedeutete fünf Tage Unterricht und freie Wochenenden, die zur Fahrt nach Hause genutzt werden konnten. Ich habe das erste freie Wochenende genutzt, um mein Fahrrad nach Münster zu schaffen. Als Fußgänger fühlte ich mich dort nach wenigen Tagen als Mensch dritter Klasse.
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